Interviews sind für mich immer besonders spannend, weißt du doch nie, was am Ende dabei rauskommen wird. Mit Antonia Kubas konnte ich für mein erstes Interview auf meinem neuen Projekt Female-Music.de eine Künstlerin gewinnen, die gleich zwei Seite der Musikbranche in und auswendig kennt. Doch lest selbst!
Antonia, Du bist eine alte Häsin im Musikgeschäft. Doch wie fing bei Dir eigentlich alles an?
Musik war für schon sehr früh ein wichtiger Teil meines Lebens. Mein erstes Geld habe ich bereits als kleines Kind mit Singen, zum Beispiel in Seniorenheimen oder in der Fußgängerzone, verdient. Später habe ich in der Schulband gesungen und mit 17 Jahren habe ich dann meinen ersten Plattenvertrag als Teil des Pop-Duos „Two in 1“ bei einer großen Plattenfirma unterschrieben. Es folgten aufregende Jahre mit Charts, TV – und Liveauftritten in ganz Europa, an die ich mich gerne erinnere. Später war ich noch einige Jahre als Backgroundsängerin mit Matthias Reim auf Tour.
Du hast Dich nach einigen Jahren als Sängerin dazu entschieden, Musik- und Medienwissenschaften zu studieren. Warum diese Abkehr von Musik als „Tagesgeschäft“ hin zur Theorie?
Es war keine Abkehr, im Gegenteil, ich war erfolgreich mit meinem Pop-Duo Two in 1 unterwegs, aber ich war damals „nur“ Interpretin, die Songs hat das Produzenten Team Elephant Music geschrieben (Santiano, Oonagh etc), ich hatte kaum Einfluss auf die Vermarktung etc., das war ok, ich war jung, unerfahren aber mich hat es interessiert auch die andere Seite des Geschäfts kennenzulernen. Ich wollte lernen, wie das Geschäft hinter der Musik funktioniert. Parallel habe ich aber immer weiter Musik gemacht.
Selbst Musik zu machen und zu schreiben, hat Dich ja trotz Deines Studiums nie losgelassen. Neben Deiner Arbeit als Promoterin schreibst Du immer noch Songs und bist seit geraumer Zeit auch wieder selbst als Sängerin unterwegs. Wie fühlt sich das heute für Dich an, im Vergleich zu früher?
Während der Pandemie in 2020 habe ich mich verstärkt um meine Solokarriere gekümmert und angefangen eigene Songs zu schreiben. Ich präsentiere nun erstmalig Songs, die sehr autobiografisch sind, worauf ich schon lange hingearbeitet habe. Es fühlt sich großartig, da ich nun meine eigenen Geschichten erzähle, ich mich um alles selbst kümmere und in alle Prozesse involviert bin. Ab und zu schreibe ich auch im Team für andere, u.a. ist zum Beispiel auf dem aktuellen Ben Zucker Album „Heute nicht!“ der Song „Mein Herz“ von mir. Ich liebe es, mich mit andere tollen SongwriterInnen auszutauschen und Songs zu schreiben, ich habe mittlerweile ein gutes Netzwerk.
Ich möchte in dieser „Evolution der deutschen Musik“ mit meinen Songs einen Beitrag leisten.
Antonia Kubas im Interview mit Female-Music.de
Deine Liebe zur Musik gilt auch dem deutschen Schlager. Wie ordnest Du das Genre inzwischen ein?
Unter dem Oberbegriff der Popmusik sind in den letzten 50 Jahren zahlreiche Stile entstanden. Nicht selten durch die Kombination von verschiedenen musikalischen Genres, die vielleicht zuvor noch als unvereinbar galten. Unvereinbar waren auch die Fans dieser Musikrichtungen.
Die Fans von einer Musikrichtung zeigten keinerlei Toleranz gegenüber denen einer anderen. Der Schlager hatte keine Akzeptanz in Kreisen von Rock oder HipHop Fans und wurde einer konservativen und tendenziell älteren Zielgruppe zugeschrieben.
Mit dem Erfolg der deutschsprachigen Popmusik hat sich auch im deutschen Schlager einiges getan. Eine neue Generation von Künstlern und Fans hat diesem Genre neues Leben eingehaucht und ihn in verschiedenen Facetten auf die Bühnen von Clubs, Parties, Festivals und TV-Shows gebracht.
Egal ob im TV oder auf TikTok, der Schlager ist in allen neuen und alten Medien präsent. Die Fans sind eine bunte Mischung aus jung und alt. Es ist eine bunte, diverse Szene, die nicht konservativ, sondern weltoffen ist und sich mit vielen anderen Szenen mischt.
So kommt es auch, dass es zu Kollaborationen zwischen Schlager und HipHop Künstlern oder zwischen deutschen Schlagerstars und internationalen Popgrößen gibt, und sich hierbei die Grenzen immer weiter auflösen. Die Entwicklung zum Neo-Schlager spiegelt sich in Texten, Produktion, Styling und Standpunkten der KünstlerInnen wider. Insbesondere die weiblichen Schlagerstars haben sich von reinen Interpretinnen zu Entertainerinnen und Songwriterinnen entwickelt und rütteln an den Fundamenten der männlich dominierten Musikbranche. Das finde ich fantastisch! Ich möchte in dieser „Evolution der deutschen Musik“ mit meinen Songs einen Beitrag leisten.
Eine Redakteurin hat meine Songs mal als „emotionaler und authentischer Schlager-Singer-Songwriter-Pop“ beschrieben. Ich finde, das trifft es ganz gut.
Antonia Kubas
Und wo siehst Du Dein neues Lied „Die schönsten Fehler der Welt“? Eher im Schlager verortet, im Deutschpop oder in einer Mischung aus beidem?
Der Übergang zwischen deutschsprachiger Popmusik und Schlager ist heute fließend. Die Einordnung in diese Genres basiert meist nicht mehr auf den Songs, sondern auf dem Image des Künstlers.
Ich habe keine Berührungsängste mit dem Genre Schlager. Ich lege bei meinen Songs viel Wert auf Tiefgang und Seele, meine Kompositionen und Arrangements sind sehr aufwendig. Ob man das nun als Schlager oder Pop bezeichnet, ist mir im Grunde egal. Eine Redakteurin hat meine Songs mal als „emotionaler und authentischer Schlager-Singer-Songwriter-Pop“ beschrieben. Ich finde, das trifft es ganz gut.
Antonia Kubas – Die schönsten Fehler der Welt Offizielles Video
Du bezeichnest Dich selbst als hoffnungslose Romantikerin und liebevolle Chaotin. Wie fließt beides in Deine eigene Musik ein und in Deine Arbeit als Musik-Promoterin?
Ich mache beide Jobs mit viel Leidenschaft und Herzblut und versuche immer an meinen Träumen und Visionen festzuhalten. Ich gehe daher gerne als PR Agentin die extra Meile mehr für meine Kunden – „Never Take a No for a No“ ist mein Lebens- und Arbeitsmotto, ich glaube immer daran, dass ich es irgendwie schaffe, einen Redakteur von einem Produkt zu überzeugen.
Beim Songwriting lasse ich mich immer von meinen Emotionen leiten – Songs schreiben ist mein Ventil, ich kann so am besten meine Gefühle ausdrücken.
Antonia Kubas
Ich bin leider nicht wahnsinnig gut strukturiert, so dass es schon mal chaotisch sein kann, aber es gelingt mir immer alle Bälle gleichzeitig in der Luft zu halten. Beide Jobs sind zeitintensiv, ich arbeite viel, manchmal auch am Wochenende oder im Urlaub. Das ist zwar herausfordernd, aber ich liebe meine Arbeit und empfinde es nicht als Anstrengung, sondern bin dankbar, dass ich das machen kann, was mich glücklich macht.
Ich setze mir keine Grenzen und tanze gerne auf mehreren Hochzeiten gleichzeitig. Ich brauche immer die Freiheit, dass zu machen, worauf ich Lust habe.
Beim Songwriting lasse ich mich immer von meinen Emotionen leiten – Songs schreiben ist mein Ventil, ich kann so am besten meine Gefühle ausdrücken.
Mit „Die schönsten Fehler der Welt“ bringst Du Deine neue Single raus. Warum ist Dir dieses Lied ganz besonders wichtig?
Fehler haben ja auch immer etwas Gutes, denn mit jedem Fehler ist man eine Erfahrung reicher. Manche bereut man und über manche lacht man. In meinen neuen Song „Die schönsten Fehler der Welt“ geht es um die, an die man sich gern erinnert. Der Song ist ein kleiner Rückblick auf alte Zeiten, ich habe mich beim Schreiben an all die Jugendsünden, Verrücktheiten und auch an die erste große Liebe erinnert. Er strahlt für mich gleichermaßen Melancholie als auch Freude aus, mein neues Lied bedeutet mir sehr viel.
Und wie sieht es mit den Planungen für ein Album aus? Wird da irgendwann etwas kommen von Dir?
Ja auf jeden Fall, ich würde dann auch gerne eine Vinyl veröffentlichen. Ein physisches Produkt ist für mich hochwertiger als das reine Streaming und ich glaube auch vielen Fans ist das wichtig. Ich arbeite dran und sage Bescheid, wenn es soweit ist
Und wenn wir schon beim Schlager sind: Deine Agentur macht unter anderem die Promo für Helene Fischer. Denkst Du, es wird irgendwann eine Schlagersängerin in Deutschland geben, die an ihre Erfolge heranreichen kann?
Wir haben eine Zeit lang Helene Fischer PR-seitig betreuen dürfen. Ich bin auch sehr stolz auf den Diamant-Award für das Album „Farbenspiel“, der bei uns im Büro hängt. Sie ist eine großartige Künstlerin und schafft es wie keine andere mit ihrer Performance und ihren Shows die Menschen zu begeistern. Helene hat auf jeden Fall neue Maßstäbe gesetzt, an denen sich auch andere orientieren. Ihre Inszenierungen und Bühnenshows gleichen denen von internationalen Popstars. Für mich ist Helene Fischer die deutsche Mischung aus Beyoncé & P!nk. Für die ich übrigens auch schon PR machen durfte ;).
Es gibt aber viele aufstrebende junge Pop-SchlagersängerInnen, die großes Potential haben, der große Erfolg von Helene ist für andere KünstlerInnen sehr motivierend, irgendwann wird es sicherlich auch neue SchlagersängerInnen geben, die an ihre Erfolge heranreichen.
Als Musik-Promoterin hast Du mit ganz unterschiedlichen KünstlerInnen und Bands zu tun. Neben Helene Fischer macht ihr die Promo für altbekannte Größen wie AC/DC und Gianna Nannini, und für das kommende letzte Album von Schlagerstar Michelle, aber auch für Newcomer. Was ist Dir in der Arbeit mit Rookies, die das Musikgeschäft erst für sich entdecken (müssen), besonders wichtig?
In unserer Agentur haben wir schon für viele große Künstlerinnen und Künstler wie Helene Fischer, Roland Kaiser, Peter Maffay, Ina Müller, Die fantastischen Vier, Sasha aber auch für internationale Größen wie Lady Gaga, Beyoncé, Shakira, Taylor Swift, Miley Cyrus, Måneskin gearbeitet. Ebenso betreuen wir aber auch zahlreiche Newcomer. Da ich ja selbst Musikerin bin, kann ich mich in die KünstlerInnen sehr gut hineinversetzen. Ich liebe es, anderen dabei zu helfen, in den Medien sichtbar zu werden und freue mich, wenn ich einen Beitrag zum Erfolg von Künstlerinnen und Künstlern leisten kann.
Für Newcomer ist es schwer, in den klassischen Medien (TV, Radio, Print, Online) Plätze zu besetzten, da dort natürlich vorrangig über etablierte Künstlerinnen und Künstler berichtet wird. Es ist nicht einfach, sichtbar zu werden. Erschwerend kommt hinzu, dass es auch immer weniger Flächen in den Medien gibt.
Alternativ bestehen Chancen über soziale Medien eine Fanbase aufzubauen und auch direkt mit seinen Fans kommunizieren zu können. Aber natürlich ist auch das ein langer Weg, der mit viel Arbeit und Fleiß verbunden ist. Wichtig ist auf jeden Fall, on- und offline möglichst viele Kontakte zu knüpfen, auch zu anderen Künstlern, um sich gegenseitig zu unterstützen.
Meine Passion gilt Frauen in der Musikbranche. Aus diesem Grund habe ich nach dem Schreiben für Zeitschriften und auf verschiedenen, auch eigenen Projekten, Female-Music.de an den Start gebracht. Wo siehst Du als Kennerin zweier Seiten, als Sängerin und Musikerin und als Musik-Promoterin, aus Frauensicht die – aktuell oder nach wie vor – größten Baustellen in der Branche?
Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist auf jeden Fall eine große Baustellem und wie ich finde, eine der größten gesellschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit. Ich bin sehr dankbar für die Unterstützung von meinem Mann, auch bei meiner eigenen Musik. Wir arbeiten und leben zusammen, und haben unseren eigenen Kosmos erschaffen. Jeder unterstützt den anderen bei der Verwirklichung seiner Träume. Für meinen Mann ist es selbstverständlich, dass auch er sich viel um unsere Tochter kümmert. Was das betrifft ist, er geradezu feministisch, aber anders wäre das wahrscheinlich auch nicht möglich.
Daher glaube ich, muss die Gleichberechtigung zu Hause beginnen. Eltern müssen darüber sprechen, am besten schon im Vorfeld der Elternschaft, wie sie sich die Betreuung ihrer Kinder vorstellen und gemeinsam darüber entscheiden, wer wieviel Elternzeit nimmt oder wer in Teilzeit arbeitet. Auf der beruflichen Ebene tragen flexible Arbeitszeiten und Teilzeitmodelle dazu bei, Job und Familie besser in Einklang zu bekommen, aber die Bereitschaft zur Flexibilität sollte bei beiden Elternteilen vorhanden sein.
Wichtig ist aber auf jeden Fall auch, dass Frauen sich gegenseitig unterstützen. Jede Frau kann eine andere Frau supporten oder empfehlen. Tendenziell gibt es auch auf der Business Seite immer mehr Frauen in der Musikbranche, das halte ich für eine große Bereicherung und einen Trend, der unbedingt fortgesetzt werden sollte.
Und last but not least zwei Fragen, die besonders Newcomerinnen interessieren dürften: Welchen Rat in Sachen Musikbranche würdest Du Deinem jüngeren Ich mitgeben, wenn Du es könntest? Und wie hat sich das Musikgeschäft seit Deinen Anfängen damals verändert?
Man muss an sich selber glauben und nach den Sternen greifen. Mut und Selbstbewusstsein sind wichtige Eigenschaften, wenn man in diesem Geschäft erfolgreich sein will.
Der technologische Wandel hat das Musikgeschäft etwas demokratischer gemacht, aber natürlich gibt es immer noch große Barrieren, die man überwinden muss.