Für mich bedeutet, neue Musik zu hören, vor allem auch der Wunsch danach, spannende Newcomerinnen zu entdecken. Auch kleinabaoho aus Österreich ist eine solche Künstlerin, die unbedingt vorgestellt werden muss. Im Interview erzählt kleinabaoho so Einiges über sich, ihre Debüt-EP und den Wunsch, mit ihrer Musik einen Safe Space zu kreieren.
Deine Musik spricht für sich, aber in den offiziellen Pressesheets zu Deiner EP „bilder“ gibt es kaum Infos über Dich. Ist das Absicht, dass Du lieber nicht zu viel über Dich preisgeben magst? Oder magst Du hier ein bisschen was über Dich erzählen und darüber, wie Du zur Musik gekommen bist?
Das ist tatsächlich keine Absicht, dass da so wenig von mir preisgegeben wird. Ich glaub immer, dass ich eh so ein offenes Buch bin, also find ich’s super spannend, dass ich das garnicht so nach Außen trage.
Ich glaub, bis zu einem gewissen Grad muss ich aber selbst noch verstehen, was an mir relevant ist für „kleinabaoho“, und was ich lieber für mich privat behalte…
Aber kurz zu mir:
Musik lieb ich eigentlich schon immer – denk das ist eh die Standard-Aussage von Musiker:innen.
Das nächste selbstgeschriebene Lied an das ich mich erinnere, war in Englisch, nach meinem ersten Break-Up. Herzschmerz hat mich glaub ich schon immer sehr inspiriert.
kleinabaoho im Interview mit Female-Music.de
Meinen ersten Song, an den ich mich erinnere, hab ich mit 7 oder sogar jünger in der Badewanne erfunden. Da hab ich einfach die Namen aller Shampoos, Cremen etc. die ich im Badezimmer gesehen hab, zur Melodie vom GZSZ-Intro-Song gesungen. LOL.
Nach dem Banger kam aber länger nichts. In der Zwischenzeit hab ich versucht mich selbst ein bisschen besser zu verstehen und hab dann auch mit ca. 12 gecheckt, dass ich an Männern eher weniger interessiert bin als meine Freundinnen. Darauf hat dann echt eine Kack-Phase angefangen für mich.
FUN FACT: Ich hab mir vor meinem Coming-Out immer geschworen, dass ein Coming-Out nur in Frage kommt, wenn ich mal in der Öffentlichkeit stehe. (als wärs dann leichter)
Das nächste selbstgeschriebene Lied an das ich mich erinnere, war in Englisch, nach meinem ersten Break-Up. Herzschmerz hat mich glaub ich schon immer sehr inspiriert. Und dann erst vor 2 Jahren – auch nach einem Breakup – hab ich meinen ersten deutschen Song geschrieben, den man auch auf der EP hören kann – grüne augen lügen.
Österreich ist verglichen mit Deutschland ein kleines Land. Und doch bringt die österreichische Musikszene immer wieder sehr talentierte Künstlerinnen hervor. Was ist der Grund dafür? Mehr Mut der österreichischen Musikerinnen, sich mit ihren Songs an die Öffentlichkeit zu wagen? Oder gibt es dafür andere Gründe?
Es tut sich in letzter Zeit wirklich einiges, aber ich denke Österreich könnte insgesamt noch offener für Neues sein – sowohl Radiosender, als auch die Menschen hier. Es gibt so viele talentierte Österreicher:innen!
Für mich hat’s immer so weit weg gewirkt auch als Österreicherin so was „ausgefallenes“ wie Musik zu machen und ich glaube das liegt stark daran, dass mir das hier keiner so wirklich vorgelebt hat, also hoffe ich, dass sich weiterhin mehr und mehr trauen.
Ich frag mich oft, ob ich meinen Zielen schon näher wär, wenn ich einfach ein junger cis-hetero Dude wär.
kleinabaoho
Du bist queer und schreibst in Deinen Songs über die Liebe. Österreich hing in Sachen Toleranz ja einst hinter Deutschland hinterher (zumindest in den Zeiten meines Coming Out…). Wie ist es für Dich als queere Musikerin in einer Musikbranche, die ja selbst für heterosexuelle Frauen oft viel zu hohe Hürden aufstellt?
Ich frag mich oft, ob ich meinen Zielen schon näher wär, wenn ich einfach ein junger cis-hetero Dude wär. Es ist super deprimierend sich Festival-Line Ups oder Award Shows o.Ä. anzuschauen und so wenig Flinta* Künstler:innen auf den Bühnen zu sehen.
Ich versuch aber mein „queere Frau“-sein irgendwie als eine Chance zu nutzen, weils trotzdem noch immer ein „Alleinstellungsmerkmal“ ist. Plus: es gibt eine Community, die genau diese Musik braucht, weils in deutscher Musik noch viel zu wenig Repräsentation gibt. Das versuch ich mir dann einfach zu meinem Vorteil zu machen. Man kann nur hoffen, dass sich das alles so bald wie möglich mal ändert.
Du singst in Deiner, in unserer Muttersprache. Und Dir ist es wichtig, gaye Liebe auch im Muttersprachenpop zu zeigen und ihr einen Platz zu geben. Hast Du von Anfang an Deine Songs auf Deutsch geschrieben? Und wie kam es, dass Du Dir gesagt hast, hey, ich bin queer und meine Lieder müssen es auch sein?
Die ersten ernstzunehmenden Lieder, die ich geschrieben hab, waren auf Englisch. Durch meine Ex-Freundin hab ich begonnen, mehr und mehr deutsche Musik zu hören, bis ich dann nach der Beziehung auch auf Deutsch geschrieben hab. Ich bin echt super dankbar, dass sie mir damals so viel deutsche Musiker:innengezeigt hat, weil sonst würd ich wahrscheinlich immer noch englische Musik schreiben und hören.
So viele (auch) queere Künstler:innen wollen da nicht so ein „Ding“ aus ihrer Sexualität machen – auch fair – aber ich finds schon noch wichtig laut zu sein und für Menschen ein Safe Space zu schaffen, die sich im Alltag vielleicht oft nicht sicher genug fühlen, sie selbst zu sein.
kleinabaoho
Beim Schreiben denk ich eigentlich auch garnicht nach, was ich schreibe. Für mich geht das, wie ein Tagebucheintrag und dann rattere ich einfach meine Gedanken runter. Nachdem ich queer bin, sind meine Lieder dann auch einfach immer queer. Im Nachhinein ist es mir aber schon wichtig, das auch zu kommunizieren. So viele (auch) queere Künstler:innen wollen da nicht so ein „Ding“ aus ihrer Sexualität machen – auch fair – aber ich finds schon noch wichtig laut zu sein und für Menschen ein Safe Space zu schaffen, die sich im Alltag vielleicht oft nicht sicher genug fühlen, sie selbst zu sein.
„bilder“ ist Deine Debüt-EP. Denkst Du jetzt schon danach, ein ganzes Album mit Deinen Songs über queere Liebe zu füllen? Oder bleibst Du, wie so manche andere KünstlerInnen, bei EP-Veröffentlichungen? Was ich persönlich aufgrund der ganzen neuen Möglichkeiten für Musikerinnen in der Musikbranche spannend finde, z. B. als EP-Zyklus zu bestimmten Themen.
In naher Zukunft ist aber noch kein Album geplant. Also vorerst bleib ich noch bei Single-Releases und EPs und versuche so schonmal einen Vorgeschmack auf ein Album zu geben:-) Aber to be honest: ich LIEBE Alben. Es gibt für mich nichts besseres, als mir ein Album von vorne bis hinten anzuhören und die Storyline mitzuleben, für 30 Minuten oder mehr. Ich hoffe irgendwann kann ich auch so etwas Großes veröffentlichen, das will ich dann aber von A-Z durchplanen, dass sich da gezielt ein roter Faden durchzieht.
Wirst Du mit „bilder“ auch auf Tour geben und live zu erleben sein? Und wenn ja, weißt Du schon, wo Du spielen wirst?
Eine große Headliner Tour wird es dieses Jahr noch keine geben, aber es stehen einige Konzerte an, auf die ich mich schon unglaublich freue! Bislang sind die geplanten Shows in Österreich ABER ich versuche so bald wie möglich auch nach Deutschland zu kommen!! Lustigerweise ist meine Hörer:innenschaft großteils Deutsch – also muss ich ja fast!
In Österreich spiel ich am 6.Juli in Linz, am 27.Juli in Südtirol (was eigentlich Italien ist – ich freu mich) und irgendwann zwischen 5. und 7. September darf ich am Waves Vienna spielen! Das ist alles mit meiner Flinta*-Band!!
Dazwischen spiel ich auch den ein oder anderen Solo-Gig – Infos dazu poste ich dann immer auf Insta.
Ich freu mich aber schon so unnormal auf alles was noch kommt und hoffe darauf dieses Jahr noch irgendwen auf Tour supporten zu können – dann hoffentlich eben auch in Deutschland!
Vielleicht kann ich mit meiner Musik ja einen Safe Space kreieren, in dem man sich auch mal gehört und gesehen fühlt, egal ob out oder nicht und egal ob queer oder nicht, es soll einfach keiner untergehen.
kleinabaoho
Last but not least: Für mich ist Female-Music.de ein Herzprojekt, um Musikerinnen und Künstlerinnen einen Platz zu geben. Besonders am Herzen liegt mir als queere Frau natürlich auch das Supporten von anderen lesbischen und queeren Frauen. Wo siehst Du Deine Rolle als offen lesbische Musikerin in der Musikbranche?
Danke, dass Du das machst und danke, dass Du mir und anderen Flinta* Artists die Möglichkeit gibst, unsere Message zu spreaden:-)
Frau sein und queer sein hat schon echt oft Steine in meinen Weg gelegt – ganz abgesehen von der Musik jetzt. Ich hatte selber oft das Gefühl, nicht das machen zu können, oder sein zu können, was ich eigentlich will, einfach nur weil ich keine Flinta*-Vorbilder hatte, die das verkörpern. Und das fängt – ganz simpel – schon beim verlieben an. Vielleicht kann ich mit meiner Musik ja einen Safe Space kreieren, in dem man sich auch mal gehört und gesehen fühlt, egal ob out oder nicht und egal ob queer oder nicht, es soll einfach keiner untergehen.
Danke für das Interview und alles Gute für Deinen weiteren musikalischen Weg. Ich bin sehr gespannt, was da noch so alles kommt von Dir! 🙂
Danke Dir für den spannenden Fragen, den Support und die lieben Worte:)
Am 26. Juni feiert kleinabaoho mit ihrer Debüt-EP bilder Releaseday auf Feber Wolle records.